Hamburgs Baubranche boomt – aber mit angezogener Handbremse

Kommt man als architektonisch interessierter Tourist nach Hamburg, fällt ein gewisses Understatement der Hansestadt auf. Auf den ersten Blick wirklich spektakuläre Bauwerke sind nicht gerade dicht gesät, nimmt man im Vergleich andere Großstädte wie zum Beispiel Amsterdam oder London. Das bedeutet nicht, dass die großen Namen fehlen würden aber man hat oft den Eindruck, als ob norddeutsche Nüchternheit den Ideen Zügel anlegt. Nun hatte es Hamburg auch in der Vergangenheit nicht immer leicht mit seinen Großprojekten. Manches kam über das Ideenstadium gar nicht erst hinaus.

Neben Dingen, die man lieber ganz vergisst, wie die gigantischen Pyramiden von St. Georg gab es Skurriles, Schrilles, manches war gewöhnungsbedürftig, aber auch wirklich Interessantes. Von zunächst viel besprochenen Ideen und Entwürfen hörte man bald nichts mehr. Auch hohe Kosten, politische Rivalitäten und Ablehnung durch die Bürger vereitelten Projekte. An einige sei hier erinnert. Es gab den Transrapid, der Hamburg in 53 Minuten mit Berlin verbinden sollte. Das Vorhaben war mit fast 9 Mrd. D-Mark dann zu teuer. Ähnlich erging es der „Living Bridge“ die Star-Architekt Hadi Teherani zwischen Hafen-City und Kleinem Grasbrook geplant hatte. St. Pauli kann gleich mit mehreren gescheiterten Projekten aufwarten, die den Umbau des Spielbudenplatzes betreffen. So sollte bereits 1986 ein „Vergnügungsdampfer“ aus Stahl, Beton und Glas „vor Anker gehen“, der Plan ging sang und klanglos unter. Die französische Künstlerin Niki de Saint Phalle plante zwei Laserstrahlen werfende Drachen. Mit ihrem Tod 2002 wurde auch dieser Plan zu Grabe getragen. 2003 träumte Star-Künstler Jeff Koons von zwei 110 Meter hohen Kränen, Schwimmringen, Bart und Gummienten. 97% der befragten Hamburger bekamen davon Alpträume. Letztendlich durchgesetzt haben sich zwei eher unspektakuläre, nicht ganz billige und auch nicht unumstrittene fahrbare Freilichtbühnen, von denen die Eine 2015 durch ein Feuer komplett zerstört wurde. Etliche größere Events in Hamburg wie der Schlagermove, Live-Musik, der „Eurovision Song Contest“, Santa Pauli – Hamburgs geilster Weihnachtsmarkt und Public Viewing Veranstaltungen finden hier statt.

Ein interessantes Vorhaben war der Plan des Musical Unternehmens Stage Entertainment, das unter anderem die beiden Stage Theater „Theater an der Elbe“ und „Theater im Hafen Hamburg“ betreibt. Beide Bühnen sind sehr beliebt und Produktionen wie „Der König der Löwen“ ein voller Erfolg. Musicaltickets gehen weg wie warme Semmeln. Man schlug vor, aus privaten Mitteln eine Seilbahn zwischen St. Pauli und diesen zwei Theatern auf der Elbinsel Steinwerder zu bauen. Durch einen Bürgerentscheid stoppten die Hamburger diese Touristenattraktion, die nun nur noch in einer Simulation auf You Tube erlebt werden kann. Eigentlich schade, dass wir die Elbe nun nicht per Gondel überqueren können. Ebenfalls ein Bürgervotum verhinderte die Olympia-Bewerbung Hamburgs für 2024, die Bauvorhaben im Umfang von über 11 Mrd. Euro vorsah. Möglich, dass den kaufmännisch denkenden Hamburgern noch die stetig anwachsende Kostenlawine des jüngsten Großprojektes, der Elbphilharmonie, zu gegenwärtig war. Doch zumindest dieses Projekt ist nicht gescheitert und scheint trotz der Bauverzögerung und der von ursprünglich 186 Mio. auf 789 Mio. gewachsenen Kosten eine Erfolgsgeschichte zu werden. International findet die Elbphilharmonie große Beachtung und die Hamburger haben sich mit ihrem neuen Wahrzeichen ausgesöhnt, was sich an den hohen Besucherzahlen ablesen lässt. Die Tickets sind sehr begehrt und die Konzerte bereits lange im Voraus ausverkauft.

Architektonisch ist die „Elphi“ ein echtes Highlight und lässt hoffen, dass in Zukunft noch mehr Bauten Akzente setzen. Die Hafencity ist das größte innerstädtisches Stadtentwicklungsvorhaben der nächsten Jahre. Ambitionierte Bauprojekte jedenfalls gibt es. So plant Hamburg ein neues Wahrzeichen: Unmittelbar an den Elbbrücken soll ein 200 Meter hohes Hochhaus, der „Elbtower“ entstehen, der in diesem Quartier eine das Stadtbild prägende Landmarke sein könnte und die bisher eher moderate Bauhöhe in Hamburg auf ein neues Level heben würde. Ein weiteres in der Zukunft liegendes Vorhaben, auf das man gespannt sein darf und das mit Sicherheit das Stadtbild prägen wird, ist die neue Hafenbrücke. Und ganz aktuell wurde vom Senat gerade – nach jahrelanger Diskussion – die Begrünung des Hochbunkers in der Feldstraße genehmigt. Das auf 30 Mio. Euro geschätzte Projekt sieht vor, den Bunker um 5 Stockwerke aufzustocken und zu begrünen. Auch damit würde Hamburg um eine Attraktion reicher. Die Visualisierungen im Internet sind vielversprechend.

Foto: HamburgPortal, Elbphilharmonie nach Fertigstellung 2017

Von PH